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IV  Invalidenversicherung


ZIEL

Eingliederung statt/vor Rente. 
Laut Gesetz (IVG 1a) sollen die Leistungen der IV 

a) die Invalidität mit geeigneten, einfachen und zweckmässigen Eingliederungsmassnahmen verhindern, vermindern oder beheben;

b) die verbleibenden ökonomischen Folgen der Invalidität im Rahmen einer angemessenen Deckung des Existenzbedarfs ausgleichen;  [ ⇨ Eingliederung vor Rente ! ]

c) zu einer eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensführung der betroffenen Versicherten beitragen.


Versicherte Personen     

Pflichtversicherung (obligatorisch) für alle natürlichen Personen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben oder hier als Nichterwerbstätige ihren Wohnsitz haben.

Fakultative Versicherung für Personen, die nicht mehr obligatorisch versichert sind:

  • Weiterführen der obligatorischen AHV

  • Beitrittsmöglichkeit zur obligatorischen AHV


Organisation

Gesetz
IV-Gesetz und Verordnung, Wegleitungen; abschliessend (für alle gleich)

Träger
Bund und Kantone

Vollzug
Kant. IV-Stellen dezentral; Geldleistungen via Ausgleichskassen


Beitrags-
PFLICHT

Erwerbstätige

Beginn mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit, frühestens ab dem 1. Januar nach vollendetem 17. Altersjahr. Ende mit Aufgabe der Erwerbstätigkeit, aber frühestens wie für Nichterwerbstätige, d.h. mit Erreichen des Referenzalters.

Freibetrag für Erwerbstätige im Rentenalter (sofern nicht verzichtet wurde).


Nichterwerbstätige

Beginn am 1. Januar nach vollendetem 20. Altersjahr, Ende durch Aufnahme der Erwerbstätigkeit oder dem Erreichen des vorerwähnten Referenzalters.
Sonderregelung für Ehepaare: Die nicht erwerbstätige Ehefrau bzw. der nicht erwerbstätige Ehemann, mit Wohnsitz in der Schweiz, ist beitragsfrei mitversichert, wenn der andere Ehegatte in der Schweiz als erwerbstätig gilt und pro Kalenderjahr mindestens doppelt so viele Beiträge entrichtet wie ein Student. Zudem darf der erwerbstätige Ehegatte das Referenzalter noch nicht überschritten haben.


Beitrags-
bemessung

Arbeitnehmende
(Unselbständigerwerbende)
Arbeitgeber und Arbeitnehmer je hälftig – zusammen mit der IV/EO und ALV – vom massgebenden Lohn (Beitragsbezug durch Ausgleichskasse vollumfänglich vom Arbeitgeber)

ANobAG
(Unselbständigerwerbende, deren Arbeitgeber nicht beitragspflichtig ist – vgl. AHVG 6), entrichten ihre Beiträge selbst; dies wie Arbeitnehmende aber inkl. Arbeitgeberanteil vom Reineinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund Meldung der direkten Bundessteuer (Beitragsbezug zusammen mit IV/EO und ALV durch Ausgleichskasse).

Selbständigerwerbende
Vom Reineinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund Meldung der direkten Bundessteuer (Beitragsbezug zusammen mit IV/EO durch Ausgleichskasse).

Nichterwerbstätige
Vom Vermögen, zuzüglich allfälligem kapitalisierten Ersatzeinkommen (Beitragsbezug zusammen mit IV/EO durch Ausgleichskasse).


Anspruchs-
voraus-
setzungen

Versicherte, denen wegen einer Gesundheitsschädigung längerfristig eine Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit droht, und solche, die in ihrer Erwerbsfähigkeit bleibend oder für längere Zeit eingeschränkt sind, haben Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung.

Für ausländische Staatsangehörige ausserhalb der EU-/EFTA-Staaten (vorbehältlich anders lautender Bestimmungen im betr. Sozialversicherungsabkommen) Mindestbeitragsdauer von einem Jahr oder ununterbrochenem mindestens zehnjährigen Wohnsitz in der Schweiz;

Falls die ausländischen Eltern dies nicht erfüllen, sind ihre Kinder, wenn sie selbst in der Schweiz invalid geboren sind oder sich bei Eintritt der Invalidität seit mindestens einem Jahr oder der Geburt ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben, versichert.

Eingliederungsmassnahmen werden in der Regel nur in der Schweiz gewährt.

Angehörige von Staaten, mit den die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen unterhält, können die Rente (oder ggf. Taggelder) nur solange erhalten, als sie ihren Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz haben.


Leistungen

Die IV-Reform 2022 (7. IV-Revision) setzt den Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung der Eingliederung; dies speziell für Jugendliche, welche die obligatorische Schulzeit noch nicht oder gerade abgeschlossen haben. Ihre Chancen auf eine ihren Fähigkeiten und ihrem Gesundheitszustand entsprechende Berufsbildung soll erhöht und Invalidität möglichst verhindert werden. Deshalb werden die Früherfassung und die Frühintervention auf von Invalidität bedrohte Minderjährige ab dem (vollendeten) 13. Altersjahr ausgeweitet. Zudem wird die Früherfassung auch auf Jugendliche und junge Erwachsene mit drohender Arbeitsunfähigkeit ausgedehnt.

ERSTMASSNAHMEN

• EINGLIEDERUNGSORIENTIERTE BERATUNG
Bereits vor einer IV-Anmeldung kann die IV-Stelle eine eingliederungs-orientierte Beratung gewähren, wenn die berufliche Eingliederung einer versicherten Person aus gesundheitlichen Gründen gefährdet ist oder die Gefahr besteht, dass sie deshalb an ihrem Arbeitsplatz nicht weiterbeschäftigt werden kann. Diese Beratung kann auf Ersuchen der versicherten Person, des Arbeitgebers, der behandelnden Arztperson/-en sowie der betroffenen Akteure des Bildungswesens erfolgen.

• FRÜHERFASSUNG

Die Früherfassung zielt darauf ab, so früh wie möglich mit Personen in Kontakt zu treten, die aus gesundheitlichen Gründen in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind und für welche die Gefahr einer Chronifizierung der gesundheitlichen Beschwerden besteht.

Denn es ist die IV, die für die (Wieder-)Eingliederung ins Erwerbsleben zuständig ist und diese verläuft umso erfolgreicher, je eher die betroffene Person fachkundig betreut werden kann.


Meldung

Auf der IV-Stelle im Wohnsitzkanton können sich folgende versicherten Personen melden oder gemeldet werden:

a) Minderjährige ab dem 13. Altersjahr und junge Erwachsene bis zum 25. Altersjahr, die:

  • von Invalidität bedroht sind;

  • noch keine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben,

  • und von einer kantonalen Instanz betreut werden (IVG 68bis/Ibis+Iter).

b) arbeitsunfähige oder von einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit bedrohte Personen.

Zur Meldung berechtigt sind die versicherte Person selbst sowie ihre gesetzliche Vertretung, die im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen, die behandelnde Arztperson, die Sozialversicherer inkl. Pensionskassen, betreffend Krankentaggeld und Rentenversicherungen die Privatversicherer (VVG), die Organe der Sozialhilfe und kantonale Instanzen (Schule/Berufsbildung).

Innerhalb von 30 Tagen hat die IV-Stelle zu informieren, ob Früherfassungs- / Eingliederungsmassnahmen angezeigt sind.

  • Falls ja, benötigt die IV-Stelle von der betroffenen Person die formelle Anmeldung «Integration/Rente».
    Wenn die betroffene Person oder die meldende Stelle Eingliederungsmassnahmen als sinnvoll erachten, kann direkt die eigentliche IV-Anmeldung ausgefüllt werden (Unterschrift / Vollmacht der betr. Person)

  • Falls nein, erhält die betroffene Person die Mitteilung, es sei keine IV-Anmeldung erforderlich. Wünschenswert wäre, dass sie an eine geeignete Beratungsstelle verwiesen würde.

    Sowohl die Früherfassungsmeldung als auch die eigentliche IV-Anmeldung (Integration/Rente) haben schriftlich, auf dem amtlichen Formular, zu erfolgen! Bezug via Internet (www.ahv-iv.ch > Merkblätter & Formulare) der AHV-Zweigstelle, ggf. einem Leistungserbringer oder direkt von der IV-Stelle.


• FRÜHINTERVENTIONSMASSNAHMEN

Frühinterventionsmassnahmen sollen dazu beitragen, dass:

a) gesundheitlich beeinträchtigte Minderjährige ab dem 13. Altersjahr und solche jungen Erwachsenen bis zum 25. Altersjahr beim Zugang zu einer erstmaligen beruflichen Ausbildung und in ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt unterstützt werden;

b) arbeitsunfähige Versicherte (ATSG 6) ihren bisherigen Arbeitsplatz behalten können;

c) die Versicherten an einem neuen Arbeitsplatz innerhalb oder ausserhalb des bisherigen Betriebes eingegliedert werden.

Durch rasches Handeln kann unter Umständen einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes entgegengewirkt und verhindert werden, dass Personen vollständig oder teilweise aus dem Arbeitsprozess herausfallen.

Die IV-Stellen können folgende Massnahmen anordnen:

a) während der obligatorischen Schulzeit, ab dem 13. Altersjahr

  • Berufsberatung: Berufsberatungsgespräche und -analysen

  • Arbeitsvermittlung: Stellensuche, bzw. Suche von Schnupper- oder Ausbildungsplatz

b) nach der obligatorischen Schulzeit für Jugendliche und für Erwachsene

  • Anpassen des Arbeitsplatzes (behindertengerechter Arbeitsplatz),

  • Ausbildungskurse,

  • Arbeitsvermittlung: Stellensuche und Arbeitsplatzerhalt,

  • Berufsberatung: Berufsberatungsgespräche und -analysen sowie Berufsberatungsmassnahmen,

  • sozialberufliche Rehabilitation,

  • Beschäftigungsmassnahmen,

  • Beratung und Begleitung sowie Suche Einsatzplatz

Während Frühinterventionsmassnahmen werden keine IV-Taggelder ausbezahlt.


SACH-
LEISTUNGEN

EINGLIEDERUNGSMASSNAHMEN

  • Medizinische Massnahmen (nur für bis 20/25-Jährige; hauptsächlich Behandlung von Geburtsgebrechen sowie medizinische Massnahmen zur Eingliederung)

  • Beratung und Begleitung verbindlicher Kontakt der versicherten Person zur IV-Stelle während des gesamten Eingliederungsprozesses bis drei Jahre nach der letzten Massnahme; ggf. auch für den Arbeitgeber

  • Integrationsmassnahmen zum Schliessen der Lücke zwischen sozialer und beruflicher Integration

  • Massnahmen beruflicher Art: Berufsberatung, erstmalige berufliche Ausbildung, Umschulung, Arbeitsvermittlung, Arbeitsversuch, Personalverleih, Einarbeitungszuschuss, Kapitalhilfe

Hilfsmittel – aus Sicht der IV eine Eingliederungsmassnahme
Versicherte haben im Rahmen der vom Bundesrat aufgestellten Liste (HVI) Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung:

  • wenn sie erforderlich sind, um weiter erwerbstätig zu sein oder im bisherigen Aufgabenbereich (z.B. Haushalt) tätig bleiben zu können, aber auch für die Schulung, Ausbildung und funktionelle Angewöhnung (in HVI mit * gekennzeichnet)

    • Rollstühle, Prothesen, Hörgeräte, Hilfsmittel am Arbeitsplatz – ggf. diesbezüglicher Umbau, Motorfahrzeuge usw.

  • wenn sie benötigt werden, um den privaten Alltag möglichst selbständig und unabhängig bewältigen zu können.

    • Hilfsmittel für Fortbewegung, Herstellung von Kontakten mit der Umwelt und für die Selbstvorsorge usw.

Austauschbefugnis: Hat eine versicherte Person Anspruch auf ein Hilfsmittel das auf der HVI steht, kann sie ein anderes Hilfsmittel wählen, das dieselben Funktionen erfüllt. Die IV übernimmt die Kosten für das gewählte Hilfsmittel, jedoch höchstens bis zu dem Betrag, den sie für das Hilfsmittel aus der Liste aufgewendet hätte.


MITWIRKUNGS-
PFLICHT

Die Versicherten müssen an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes, zu ihrer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in einen dem Erwerbsleben gleichgestellten Aufgabenbereich dienen, aktiv teilnehmen:

  • Massnahmen der Frühintervention

  • Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Tätigkeit

  • Massnahmen beruflicher Art

  • medizinische Behandlungen (gemäss Krankenversicherungsgesetz)

  • Massnahmen zur Wiedereingliederung aus der Rente

Wenn die versicherte Person diesen Pflichten nicht nachkommt, können die Leistungen gekürzt oder verweigert werden; dies teilweise in Abweichung von ATSG 21 auch ohne Mahn- und Bedenkzeit.

  • Verletzung der Mitwirkungspflicht: die künftigen Taggelder werden während längstens 90 Tagen eingestellt, bzw. Renten während längstens 6 Monaten um die Hälfte gekürzt.

  • Verletzung der Meldepflicht oder mit der IV-Anmeldung zu lange zugewartet: Einstellung der künftigen Taggelder für 30 Tage, bzw. Rentenkürzung um einen Viertel während max. 3 Monaten (mit schwerwiegender Verletzung der Meldepflicht gar kein Rentenanspruch).


Einbezug
des
Arbeit-
gebers

Das erfolgreiche Umsetzen der Massnahmen (4. bis 6. IV-Revision) hängt wesentlich von den integrationsfördernden Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt ab. Ohne Einbezug der Arbeitgeber ist eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Rentenbezügerinnen und -bezügern nicht realisierbar.

Nicht nur die Versicherten, auch die Arbeitgeber, müssen Anreize erhalten, damit sie Arbeitnehmende einstellen, die (noch) nicht über eine volle Leistungsfähigkeit verfügen oder deren Leistungsfähigkeit nicht gleich konstant ist, wie die von vollständig gesunden Angestellten.  → Nutzen für Arbeitgeber; keine finanziellen Risiken! 

Während beruflicher Eingliederung am Arbeitsplatz

  • Beratung und Betreuung durch IV oder Job-Coach (Arbeitgeber/Betrieb und betroffene Person)

  • Arbeitsversuch, ohne dass ein Arbeitsverhältnis besteht; so keine Lohnzahlung durch den Arbeitgeber, sondern weiterhin Anspruch auf Taggelder und volle Versicherungsdeckung durch die IV

  • Unfallschutz (UV IV) und Haftpflichtdeckung während Eingliederungsmassnahmen durch die IV

  • Einarbeitungszuschuss, wenn die durch die IV-Stelle vermittelte Person anfänglich noch nicht voll leistungsfähig ist (max. vereinbarter Lohn, CHF 326.–/Tag, längstens 180 Tage)

  • Arbeitgeberbeitrag bis CHF 50.– für Integrationsarbeitsplatz (entfällt bei Coaching zulasten der IV).

Anreize, wenn Anstellung nach Eingliederung

  • Beratung und Betreuung durch den Job-Coach (Arbeitgeber / Betrieb und betroffene Person) bis 3 Jahre nach der Ablösung der Rente

  • Entschädigung für Beitragserhöhungen (obligat. berufliche Vorsorge und Kranken-Taggeldversicherung), wenn die betroffene Person mindestens drei Monate gearbeitet hat und dann länger als 15 Tage arbeitsunfähig wird; wenn länger arbeitsunfähig ggf. Übergangsleistung.

  • Keine Belastung der Pensionskasse: während drei Jahren in bisheriger Pensionskasse prämienfrei versichert. Falls die Invalidität wieder zunimmt, bleibt die betroffene Person, während drei Jahren ab Anstellung, in der bisherigen Pensionskasse versichert.

  • ggf. Anspruch auf Übergangsleistungen: in Höhe der bisherigen Rente, wenn die Arbeitsfähigkeit wegen eines gesundheitlichen Rückfalls erneut vermindert ist.


Geld-
leistungen

  • TAGGELD
    Während der Eingliederung (mindestens drei zusammenhängende Tage) oder der diesbezüglichen Wartezeit, haben Versicherte – die zuvor erwerbstätig waren oder entsprechende Taggelder bezogen haben – Anspruch auf ein Taggeld von 80% des letztversicherten Verdienstes (max. CHF 326.–; mit Kindergeld CHF 407.–).

    Taggelder werden ab dem vollendeten 18. Altersjahr bis zum Erreichen des Referenzalters bzw. bis zum AHV-Rentenvorbezug gewährt. Jugendliche (13- bis 25-Jährige) mit gesundheitlicher Beeinträchtigung haben Anspruch auf Übernahme des Lehrlingslohns durch die IV.

  • INVALIDENRENTEN
    Eine IV-Rente wird nur gewährt, wenn zuerst die Möglichkeit einer Eingliederung geprüft wurde. Der Rentenanspruch entsteht frühestens, wenn die versicherte Person während mindestens eines Jahres, ohne wesentlichen Unterbruch, durchschnittlich mindestens 40% arbeitsunfähig gewesen ist (Wartejahr) und weiterhin in mindestens gleichem Masse erwerbsunfähig bleibt.

    Der Rentenanspruch entsteht frühestens sechs Monate nach Einreichen der IV-Anmeldung (Integration/Rente, Formular 001.001) aber nicht vor Erreichen des 18. Altersjahres.

    Der Rentenanteil ist abhängig vom Invaliditätsgrad
    Ab einem Invaliditätsgrad von 70% wird eine ganze Rente ausgerichtet. Ab einem Invaliditätsgrad von 70% wird eine ganze Rente ausgerichtet. Beträgt dieser weniger als 40% wird keine IV-Rente ausgerichtet.

    Die 7. IV-Revision brachte für ab Januar 2022 neu entstehende Rentenfälle eine Verfeinerung des Rentensystems. Dadurch erhält die prozentgenaue Erhebung des IV-Grades einen höheren Stellenwert; denn für die Rentenhöhe kommt es neu auf jedes Prozent des IV-Grades an.

(für vergrösserte Ansicht auf die Tabelle klicken

Für Versicherungsfälle, die vor 2022 eingetreten sind, galt ein vereinfachtes Rentensystem: Ab IV-Grad 40% = Einviertelrente, ab IV-Grad 50 = halbe Rente, ab IV-Grad 60% = Dreiviertels Rente, ab IV-Grad 70% = ganze Rente.

  • Bisherige IV-Rentner/innen mit Jahrgang 1967 und älter bleiben im alten System. Für Jüngere werden die IV-Renten angepasst, wenn sich der Invaliditätsgrad um mindestens 5 Prozentpunkte verändert, wobei da Besitzstandsregelungen greifen.

    Für Erwerbstätige wird der Invaliditätsgrad aufgrund des Einkommensvergleichs (Validen-/Invalideneinkommen) ermittelt. Wenn teilzeitlich erwerbstätig, wird dazu das Einkommen auf ein volles Pensum hochgerechnet. Nachher wird der IV-Grad in Relation zum Teilzeitpensum gekürzt; d.h. wenn im 80%-Pensum tätig, 80% des «Vollen» IV-Grades gewährt. Fazit: Hobbys sind nicht versichert.

    Für Nichterwerbstätige mit Aufgabenbereich kommt ein Betätigungsvergleich zur Anwendung.

    Wer Teilzeit arbeitet und nebenbei die minderjährigen Kinder oder gesundheitlich beeinträchtigte Angehörige betreut, wird nach der sogenannten gemischten Methode – der anteilmässigen Berücksichtigung des IV-Grades aus Einkommens- und Betätigungsvergleich – beurteilt.

    Massgebend für die Rentenhöhe sind
    einerseits die Beitragszeit (Verhältnis der Anzahl für den betreffenden Jahrgang möglichen zu den anrechenbaren Beitragsjahren → je fehlendes Beitragsjahr anteilmässige Leistungskürzung) und
    anderseits das massgebliche durchschnittliche Jahreseinkommen, unter Berücksichtigung allf. Erziehungs- und Betreuungsgutschriften.

  • HILFLOSENENTSCHÄDIGUNG
    Personen, die wegen Beeinträchtigung der Gesundheit für alltägliche Lebensverrichtungen dauernd, im erheblichen Masse der Hilfe Dritter oder persönlichen Überwachung bedürfen, haben Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung (HILO).
    Diese wird an Versicherte mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz ausgerichtet. Dies unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen und davon ob sie eine AHV/IV-Rente beziehen oder nicht.

    Die Bemessung richtet sich nach dem Grad der Hilflosigkeit d.h. des Bedarfs an Hilfe von Dritten. Es wird unterschieden zwischen leichter, mittlerer und schwerer Hilflosigkeit.

    Es bestehen drei Ansätze der HILO, der Volle, Viertel und der Halbe. Der volle Ansatz gilt für Personen, die zu Hause leben und vor dem Referenzalter eine HILO benötigen; leben sie im Heim, gibt es einen Viertel davon. Wer erst nach Erreichen des Referenzalters hilflos geworden ist, erhält immer eine halbe HILO.

    Für Personen mit einer HILO der IV kann ein Assistenzbeitrag gewährt werden, wenn sie zu Hause wohnen oder aus einem Heim austreten und handlungsfähig sind. Ein Assistenzbeitrag wird gewährt für Hilfeleistungen, die von der versicherten Person benötigt und regelmässig von einer natürlichen Person (Assistenzperson) erbracht werden, die von dieser versicherten Person im Rahmen eines Arbeitsvertrags (von mehr als drei Monaten) angestellt wird.


Verfahren

Mit Vorliegen eines gesundheitlichen Problems, verbunden mit längerer Arbeitsunfähigkeit ist, so früh wie möglich, mit der IV-Stelle (am Wohnort der betroffenen Person) Kontakt aufzunehmen. Die Meldung hat auf dem offiziellen Formular zu erfolgen.

Es gibt zwei Wege zur Kontaktnahme mit der IV-Stelle:

  • Die Früherfassungsmeldung,
    wenn Massnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes erforderlich sind und nicht sicher ist, ob es Frühinterventions- oder eigentliche Eingliederungsmassnahmen der IV braucht

  • Die Anmeldung Integration/Rente,
    wenn klar ersichtlich ist, dass Frühinterventions- oder Eingliederungsmassnahmen erforderlich sind oder aufgrund des Gesundheitszustandes eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Die amtlichen Formulare zum Geltendmachen des Anspruchs können via Internet (www.ahv-iv.ch > Merkblätter & Formulare > Leistungen der IV > 001.100 für Früherfassung, bzw. 001.001 für IV-Leistungen Integration/Rente), der AHV-Zweigstelle, ggf. einem Leistungserbringer oder direkt von der IV-Stelle bezogen werden.
Das betreffende Formular ist der IV-Stelle im Wohnkanton einzureichen – bzw. für Personen in Ausland, der IV-Stelle für Auslandschweizer, 1211 Genf 2. 
Versicherte die in der Schweiz und in einem oder mehreren EU- oder EFTA-Staaten Versicherungszeiten zurückgelegt haben und in ihrem Wohnsitzstaat einen Antrag stellen, lösen in den anderen betroffenen Ländern automatisch ein Anmeldeverfahren aus.
Die IV-Stelle prüft das Leistungsbegehren und ergreift die erforderlichen Massnahmen. Abgesehen von den Renten und Hilflosenentschädigungen erfolgt die Zusprache meist formlos. Die Zusprache bzw. teilweise oder ganze Ablehnung des Rentenanspruchs erfolgt mittels einer Verfügung. 
 

Rechtspflegeverfahren 

Entgegen den ATSG-Bestimmungen wird auf das hoch formelle Einspracheverfahren verzichtet und wieder das formlosere Vorbescheidsverfahren eingeführt.

a    Vorbescheid
Nach Abschluss der erforderlichen Abklärungen erhalten die versicherte Person und die betroffenen Versicherungsträger von der IV-Stelle einen schriftlichen Vorbescheid. Darin wird der Entscheid mitgeteilt und die anstehende Verfügung kurz erörtert. 
Ihnen wird eine gesetzliche und nicht erstreckbare Frist von 30 Tagen gesetzt, innert der sie sich zum geplanten Entscheid äussern können. 

b    Verfügung
Gehen innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahmen von den Parteien ein, erlässt die IV-Stelle die Verfügung. Äussern sich die versicherte Person oder die Parteien zu relevanten Sachverhalten, werden diese geprüft und in der Begründung des Entscheids von der IV-Stelle berücksichtigt.

1.    Beschwerde am kant. Sozialversicherungsgericht 
Gegen die Verfügung kann innerhalb von 30 Tagen, am kantonalen Sozialversicherungsgericht, am Sitz der zuständigen IV-Stelle (in der Regel Wohnsitzkanton), schriftlich Beschwerde erhoben werden. 
Über Beschwerden von Personen im Ausland entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. 
Als weitere Massnahme gegen die Beschwerdeflut wurde – im Einklang mit dem Bundesgerichtsgesetz – eine moderate Kostenpflicht beschlossen. Je nach Aufwand für eine abgewiesene Beschwerde wird eine Kostenbeteiligung von CHF 200.– bis 1000.– erhoben.

2.    Beschwerde ans Bundesgericht
Gegen Entscheide des kant. Sozialversicherungsgerichts kann, innerhalb von 30 Tagen, Beschwerde am Bundesgericht, sozialrechtliche Abteilung, in Luzern, erhoben werden. Dieses entscheidet abschliessend.


LINKS /
Literatur

Merkblätter der Info-Stelle (Download von www.ahv-iv.ch > Merkblätter & Formulare, oder Bezug von AHV-Gemeindezweigstelle bzw. Ausgleichskasse)

Leitfaden Schweizerische Sozialversicherung (Standardwerk mit 19 Kapiteln auf rund 1000 Seiten) – hier bestellen

«Jahrbuch der Sozialversicherungen» (auch in Französisch, Italienisch und Englisch erhältlich), jährlich aktualisiert finden Sie hier übersichtlich auf rund 180 Seiten das Wichtigste. Gertrud E. Bollier – hier bestellen

«Assi Broschüre» (auch in Französisch und Italienisch erhältlich), auf knapp 50 Seiten finden Versicherte die für sie massgebenden Bestimmungen; Stiftung zum Schutz der Versicherten, Bödelistrasse 5b, 6314 Unterägeri, www.assistiftung.ch

«Penso» bietet als Webplattform und Zeitschrift (8 Nr. pro Jahr) Aktuelles rund um Personalmanagement, Sozialversicherungen und berufliche Vorsorge sowie News aus Verbänden, wegweisende Gerichtsentscheide und schliesslich Leithilfen zu Lebens- und Arbeitswelten, www.vps.epas.ch

  • www.ahv-iv.ch
    (Merkblätter, Formulare, nützliche Informationen …)

  • www.iv-stelle.ch
    (hier kann die betreffende IV-Stelle aufgerufen werden)

  • www.iiz.ch
    (Interinstitutionelle Zusammenarbeit zur nachhaltigen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

  • www.compasso.ch
    Neues Informationsportal zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit einer Behinderung. Es besteht in der Hauptnavigation aus drei Teilgebieten: «Bestehende Arbeitsverhältnisse», «Neueinstellungen» und «Berufliche Eingliederung lohnt sich»

  • www.iv-pro-medico.ch
    Die Plattform soll Ärztinnen und Ärzten die Zusammenarbeit mit den IV-Stellen erleichtern. Zudem erklärt die Site auf verständliche Weise, wie die IV funktioniert.

  • www.personalclick.ch (vormals www.jobpasserelle.ch)
    Internetportal für die Vermittlung von Menschen mit Behinderung.
    Arbeitgebende können aus einem Pool von Stellensuchenden qualifizierte Berufsleute mit einem Handicap rekrutieren. Die Selektion erfolgt nach Kantonen (nachhaltige Eingliederung vor Ort möglich).

  • www.netzwerk-arbeit.ch
    Arbeitgeber bekennen sich dazu, Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben. Sie vernetzen sich innerhalb des Kantons und bieten auch Testarbeitsplätze an.

  • www.bsv.admin.ch
    (Gesetzes- und Verordnungstexte, Aktuelles …)

  • www.bsv.admin.ch/vollzug
    Wegleitungen, Mitteilungen